Samstag, 2. Oktober 2010

Tierwelt

Buchempfehlung für
Lauter nette Tiere
von Annie M.G. Smith

Lauter nette Tiere
bis auf eines, hätte der deutsche Buchtitel warnen können. Tut er aber nicht. So beginne ich vorzulesen und auf den bisweilen unsteten Reimen juckelt sich das Kind in den Schlaf.
Die Entchen sind ulkig, Dickidick Schnauf komisch, bei den Ottern lache ich am Ende - Nicht zu laut!
Das Kind!

Ein sehr kleines Schweinchen sagt mir auch sehr zu.
Dann kommt Sebastian.
Dessen tragisches Ende kann ich vor Lachen nicht verwinden.
Das Kind guckt fragend,

"Wieso, was ist denn passiert?"*

Nächstes Gedicht.
Die Plüschkatze.
Dritte Strophe.
Ich gerate außer Kontrolle.

Ja, ja, ich lese noch weiter, aber lass mich doch erst mal lachen!
"Mama, ich mag nicht, wenn du immer lachst."

Gut.
Jetzt kommt 's.
Davor hat das Buch nicht gewarnt!
Versteht das Kind Ironie?
Hat die Dichterin Annie M.G. Smith mit Rosalinds Geschichte Rückschau auf ihre eigene Kindheit gehalten und meint sie es auch ironisch?

Das Unstete setzt für kurze Zeit aus, der Text fließt, er fließt so gut, dass sich die Worte Rosalind und ergrimmt unzweifelhaft reimen. Das Fließen unterstreicht den schaurigen Charakter - schaurig wie im Struwelpeter.

Wenn sich ein Kind nicht wohlverhält!

Hätte Rosalind mal bloß Angst gehabt!
Aber ihr Glauben kannte keine bösen Tiere, sondern nur lauter nette und nicht den Vogel Bangebangst.

Nett wird es erst wieder mit dem Kamel im Bett, mit den Lämmchen - ich mag jedes Wort, das Spiel mit den Lauten, den Mitlauten, farbige Verben, besondere Verben, jeden Reim und auch die Reime, die sich eigentlich nicht reimen, ich mag abgedrehte Vorstellungen - auch in Stachelschweins Wiegenlied. Ganz professionell, lache ich diesmal nicht. Leiern ist bei einem Wiegenlied erlaubt, je ernsthafter desto schöner.

"Kannst du noch, Kind? Hörst du noch das letzte Gedicht?"

Müde, aber unbedingt!

Die Arche.
Viel lustiger als in der Bibel.

Annie M.G. Smith (Gedichte) Harrie Geelen (Bilder) (1995) Beestenboel. Amsterdam// dt. von Mirjam Pressler (1998) Lauter nette Tiere. München

Der niederländische Buchtitel Beestenboel bedeutet laut google-Übersetzung einfach nur Tierwelt.

*) Es ist nicht komisch, über das Ende einer Spinne zu lachen.

2 Kommentare:

mkh hat gesagt…

Vielleicht reimt sich dieser schlechte Reim so gut, weil "Rosalind" und "ergrimmt" einfach nicht zusammen passen wollen und sich daher gar nicht besser reimen sollen? Es scheint sich jedenfalls um ein wirklich sehr gutgläubiges, wohlwollendes Tierchen zu handeln. Das ist ja auch schön, wenn jemand an das Gute glaubt, aber dennoch muss man sich - Rosalind! - das Wesen eines Bangebangstes vergegenwärtigen, um ausreichend Boden unter den Füßen zu haben, zum Zurückweichen oder gar für eine schnelle Offensive.

Ja! Das kann sicher sehr lustig und nachdenklich gleichwohl sein, von dir vorgelesen zu kriegen!

sumpffuss hat gesagt…

Also ich genieße das ja auch, wie sich das nichtreimt. Wüsste gern mal, wie das im Niederländischen Original ist. Die Mirjam Pressler mag ich sehr für dieses Buch. Interessanter Gedanke, den du da zu Bangebangst aufgeschrieben hast!
Annie M.G. Smith, 1911 geboren, hat selber die schrecklichsten Dinge durch Menschen erfahren (Nationalsozialismus, Weltkrieg), habe ich hinterher im Internet gelesen.