Buchvorstellung: Heide Braasch (2015) Fenster meiner Kindheit. in Lyrik und Prosa. Leipzig
Als Kind habe ich mich im Geschichtenschreiben versucht und in der Jugendzeit war das Gedichteschreiben allabendlich ein Ventil. Ich hab Gefühlen Luft gemacht und meinen Träumen Raum gegeben. Es sind keine Werke daraus entstanden, nichts was eingerahmt gehört, es wäre auch falsch einen Maßstab an meine Zeilen zu legen, der nicht mein eigener ist. Für mich sind meine Gedichte und Geschichten Schnappschüsse, Momentaufnahmen, Langzeitbelichtungen - ich lese heute ein Gedicht von damals und es ist, als sähe ich mich auf einem Foto wieder. Als Zehnjährige, als Sechzehnjährige - . Das Gedicht bezeugt, dass es mich gab, bezeugt mein Erleben, meinen Blick in die Welt. Was in mir vorging, mein Wollen und Fühlen in jener Zeit. Das Gedicht oder der Prosa-Text ist Beweis meiner Lebenskraft. Und während mir bei alten Fotos, die ein Anderer von mir gemacht hat, oft der Kontext abhanden gekommen ist, ist er bei den eigenen Texten und Gedichten fast sofort da. Wie es Zeile für Zeile in mir dämmert, was damals zum Zeitpunkt des Schreibens für mich, mit mir war - das ist spannend.
Das Zauberhafte für mich an dem Buch von Heide Braasch ist, dass beim bloßem Hineinlesen jene Dämmerung in mir anhob. Ich sah die Bilder meiner eigenen Kindheit. Ich spürte eine Verbindung zwischen den Worten eines fremden Kindes und mir.
Verse, Reime, Gedichte, Geschichten, Fragmente von Geschichten unzensiert aus dem Sammelsurium an vollgeschriebenen Heften, Büchern, Schreibblöcken und Zetteln in ein Buch übernommen, Gedichtetes und Erdachtes aus zwölf Lebensjahren, von der Zeit an, als die Autorin des Schreibens mächtig wurde, bis zu dem Tag ihres Auszugs aus dem Elternhaus. Ich lese es mir und ich les es meinen Kindern vor. Sie sind fasziniert und das hat mich erstaunt und gefreut. Es macht solchen Spaß, mit einem von ihnen in den Seiten zu blättern. Ihnen sagen die Gedichte was, eins der Kinder spinnt die Geschichte weiter, ein anderes wird an die eigenen Geschichten erinnert, die es selbst vor Jahren erzählt hat.
Mit den Gedichten und Geschichten ist es wie mit Kinderzeichnungen. Ein Erwachsener kann das nur nachmachen, aber dann siehst du, dass es nur so ist, als ob. Als ob es ein Kind gemalt hätte. Heide Braschs Aufzeichnungen sind echte Kinderzeichnungen in diesem Sinn. Wo sie einfach und konkret sind, sind sie doch nie vereinfacht. Sie wirken nicht künstlich und auch da ungekünstelt, wo die Autorin einen Stil führt. Das Buch macht mit der chronologischen Ordnung der Texte und mit der Einteilung in Abschnitte nach dem Lebensalter der Autorin deutlich, dass es sich um Texte eines Kindes oder einer Jugendlichen handelt. Die Altersangabe ist beim Lesen im Hinterkopf. Für mich spielt das eine Rolle. Für Andere vielleicht nicht und das wäre für mich interessant zu erfahren.
Schreiben und Dichten im Spiel, - als Spiel, - spielend. Diese Assoziation hängt sich bei mir an das junge Alter. Andere in meinem Alter spielen selbstverständlich im Schreiben. Und mir zeigt Heide Brasch, indem sie mit ihrer Veröffentlichung meine Jugenderfahrungen mit dem Schreiben berührt, wenn du schreiben willst, dann tu es, drück dich aus, schreib, was dir von Belang ist zu schreiben, mach einfach, fang an.
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