Dienstag, 3. Februar 2009

Menschenrecht auf Bildung

in Anlehnung an eine Presseerklärung des Flüchtlingsrats Berlin, Link steht unten

In Berlin will der Senat eine Schülerdatei anlegen, in der alle Berliner Schüler_innen erfasst und mit einer landeseinheitlichen Schülernummer versehen werden. Die Datenerhebung beginnt für die Kinder bereits, wenn sie noch nicht schulpflichtig sind. Der Datensatz wird aus 16 personenbezogenen Daten bestehen; neben Name und Geburtstag des Kindes und Anschrift und Telefonnummer der Eltern unter anderem auch Angaben zu nichtdeutscher Herkunftssprache, zu Behinderungen des Kindes und zu außerunterrichtlicher Förderung und Betreuung. Im Verlauf werden in der Datei Verstöße gegen die Schulpflicht registriert.

Die Schülerdatei wird bei der Senatsverwaltung für Schulwesen geführt und gewährt unter anderem Strafverfolgungs- und Polizeibehörden sowie Jugend- und Gesundheitsämtern den Zugriff auf die Daten.

Justizsenatorin von der Aue sagte in einer Presseerklärung vom 17.04.08:
"Diese Schülerdatei ist eines der wichtigsten Mittel, um effektiv gegen Schulschwänzer und junge
Straftäter vorzugehen. Wir können nicht länger darauf warten."

Nicht nur Leute, denen die Abschaffung der Schulpflicht am Herzen liegt, lehnen die Schülerdatei ab. Auch der Flüchtlingsrat Berlin fordert ein Verbot solcher Datenübermittlung, denn er sieht durch die Datei das Menschenrecht auf Bildung für Kinder ohne Aufenthaltsstatus in Gefahr.

Noch soll in Berlin der Aufenthaltsstatus in der Schülerdatei nicht erfasst werden und die Ausländerbehörde keinen Zugriff erhalten. Der indirekte Zugriff auf die Schülerdatei aber ist der Ausländerbehörde möglich, indem sie die Polizei als Ermittlungsbehörde hinzuzieht, sowie vorhandene Dateien und Datenübermittlungsmöglichkeiten.

Durch die neue Datei, im Zusammenwirken mit vorhandenen Dateien wie dem Melderegister und dem Ausländerzentralregister sowie Gesetzen wie dem Aufenthaltsgesetz und dem Berliner Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz, werden die Möglichkeiten der Polizei erheblich erweitert, gegen Kinder ohne legalen Aufenthaltstitel und ihre Eltern zu ermitteln. Auch wird dadurch ggf. die Festnahme der Kinder in der Schule, zwecks Abschiebehaft und Abschiebung erleichtert. Die Ausländerbehörde kann zwar nicht dirket auf die Datei zugreifen, die in ihrem Auftrag wegen illegalen Aufenthalts ermittelnden und Abschiebemaßnahmen und -haft auch vollziehenden Polizeibehörden jedoch sehr wohl.

Bisher haben in Berlin Kinder ohne legalen Status nur in Ausnahmefällen eine Schule besucht. Auf Seiten der Schulen herrscht Unklarheit darüber, ob und wieweit sich Schule und Lehrer_innen strafbar machen, wenn sie wissentlich Kinder ohne legalen Aufenthaltstitel unterrichten, oder welche versicherungsrechtlichen Folgen ein Schulbesuch haben kann, abgesehen davon, dass das aufgenommene Kind eigentlich bei der Zuweisung von Mitteln an die Schule berücksichtigt werden müsste. Der Flüchtlingsrat Berlin rät im Hinblick auf die Schülerdatei Kindern vom Schulbesuch ab, die keinen legalen Aufenthaltstitel inne haben oder denen akut eine Aufenthaltsbeendung droht. Das Recht eines Kindes auf Bildung hängt, so das Gesetz zur Schülerdatei vom Senat beschlossen wird, in Berlin vom Aufenthaltstitel ab.


weiterführende Links zu diesem Thema:

Flüchtlingsrat Berlin: Forderung eines Verbots der Datenübermittlung
Bündnis gegen Schülerdatei: Stellungnahme
Migrationsrecht.net: Neue Schülerdatei -Hamburg späht Schüler aus

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