Montag, 6. Juni 2011

Die Legende vom Schatz im Teufelssee

Wenn Ihr auf Reisen seid, dann nutze ich die Zeit, um aufzuräumen. Im Teufelssee lasse ich schon mal das Wasser raus. Das dauert einen Tag, bis alles abgeflossen ist. Es gluckert und dann macht es pfrssszzzzr, weil etwas in den Abfluss geraten ist. Ich ziehe einen Karpfen heraus; um den Angler kümmre ich mich später.
Den Kranichen habe ich versprochen, bei ihnen auf den Fluren nicht Staubzusaugen. Sie bleiben lieber scheu und wollen die Geräusche vom Staubsauger nicht mögen. Die wilden Tiere, solche auf vier Beinen und mit Zähnen im Maul, beobachten mich vom Waldrand aus. Sie lauern hinter den Bäumen. Möglicherweise geraten kleinere Dinge in den Sog des Staubsaugers und dann müssen sie mich beißen, damit ich den Staubsauger ausschalte, den Behälter öffne und die kleinen Dinge heraussuche. Spinnen helfen mir. Ich lasse sie an ihren eigenen Fäden in den Behälter hinab und sie packen die kleinen Dinge mit ihren acht Beinen. Acht Dinge zur gleichen Zeit. Sechzehn. Zweiunddreißig.
Der Teufelssee ruft.
Warum ruft er so, frage ich mich. Wie kann er rufen?
Das Rufen klingt tief und hohl. Ich möchte mich nicht in die Nähe dieses Rufens begeben. Da gruseln sich selbst die blauschwarzen Käfer im Mist.
Das ist auch noch eine Aufgabe! Aber Ihr seid ja nicht da, um sie für mich zu übernehmen! Ich hole die Käfer von den Pferdeäpfeln herunter, manche muss ich rauspulen, sie haben sich schon vergraben. Wenn das Rufen inzwischen nachlässt, kann ich am Nachmittag noch die Fische sortieren. Ich weiß schon, wie ich dann die Schildkröte platziere und wohin auf die Wasserfläche ich die Enten setze. Aber das kommt alles zum Schluss. Vorher muss ich mich noch gruseln, denn das Rufen gibt nicht Ruh. Der See gibt nicht Ruh! Ich denke an den Krater, wie ein Eiszapfen ihn schlagen kann. Ein riesiges Stück Eis – das hat den Krater geformt, damit der See entstehen konnte. Das war in der Eiszeit.
Also hatte es doch einen Eisladen in unserer Gegend gegeben. Ich suche und es kostet wirklich Mühe, bis ich die Teile finde, die irgendwer auseinandergenommen und nicht wieder zusammengesetzt hat. Am Ende ist euch selbst das eine oder andere Teil begegnet, immer wenn Ihr euch gewünscht habt, es müsste doch auf dem Weg zum See, wo eine wiederwärtige, unsichtbare Macht euch zwingt, die Fahrräder durch den Sand zu schieben, einen Eisladen geben, und ihr habt nicht erkannt, dass es zu einem Eiswagen passt; die Dosen, das Papier, Stoffreste vom Sonnenschirm, Aufkleber ... – habt Ihr euch nie gefragt, wozu das gehört? Ich finde wirklich viele Kleinteile wieder, auch den Eismann, den ziehe ich unter einem eingefallenen Hüttendach hervor, er zappelt noch. Und setze alles unter der heißen Sonne zusammen. Niemand kann mir helfen, auch ein Hund nicht, der schon Eis schlecken will.
Auf seinem Rückweg trägt er was im Maul. Das hat hinten eine Flosse und zappelt schon nicht mehr. Ich erinnere mich wieder! Ich muss doch noch aufräumen! Die Fische zählen und nach Sorten auslegen, Schwärme bilden und den Hecht einzeln setzen, Angelhaken entfernen, Algen glattstreichen, auch Teile des Eiswagens auf die Seite legen. Vielleicht sind noch alle da und der Eisladen verkauft am Ende wieder richtiges Eis. Natürlich für Spielgeld. Das muss ich dann aber auch noch finden!
Der ewige Ruf des Sees beklemmt mich. Es scheint der Abfluss zu sein, aus dem es so tönt. Der Stöpsel liegt noch oben am Rand. Bevor ich ihn wieder reinstecke, wollte ich doch eigentlich noch im Abfluss nach dem Spielgeld suchen und auch den Taucher – äh, Angler – herausziehen.
Da ruft es wieder wie ein Echo in einer höheren Tonlage. Der Eismann steht quengelnd am Rand. Er will baden!
Das Wasser. Ich muss aber erst die Frösche ordentlich hinsetzen, das geht nur, wenn ich mich von der Schlange um mein Handgelenk befreit habe, und ich muss noch ... so vieles! Was soll ich machen? Der Angeltaucher schließt den Ausfluss dicht und das Wasser könnte so halten, das Spielgeld liegt dann erstmal da unten und den Stöpsel könnte ich für meine eigene Badewanne gut gebrauchen. Die Seerosenblätter sind eigentlich sauber genug und Ihr seid eh nicht da zum Eisessen. Dann räume ich vielleicht das nächste Mal gründlicher auf, aber für Diesmal lasse ich das Wasser wieder ein. Dann wird auch das Rufen leiser, bis ich nur noch den Eismann höre. Schwimmzug um Schwimmzug entfernt er sich vom Ufer. Hoffentlich geht er nicht in der Mitte des Sees verloren!
So geht das mit den Sandburgen ...

4 Kommentare:

mkh hat gesagt…

Es steckt schon jede Menge Arbeit hinter solcher Naturidylle! Das vergisst man leicht, wenn man Teufelssee und diese ganzen Sachen einfach nur genießen möchte, als wäre es naturgegebene Schönheit.

Apropos ... Hast du den Staubsauger auch wieder ausgeschaltet?

sumpffuss hat gesagt…

Ausgeschaltet schon, aber er steht jetzt irgendwo rum und sicher irgendjemandem im Weg und das Kabel könnten die Mäuse anfressen. Der Eismann liegt übrigens längst auf dem Grund zusammen mit jeder Menge Spielgeld. Um vieles kostbarer als der preußische Staatsschatz oder des Teufels goldene Kutsche.

Anonym hat gesagt…

Zum Glück ist das Wasser wieder drin, denn die Frösche müssen vorm Eisessen noch Hände waschen.
Martin

sumpffuss hat gesagt…

anonym M. hat noch ein wenig recherchiert und das hier gefunden:
http://www.heilige-quellen.de/Orte_Berlin-Brandenburg/Berlin_Teufelseen_Ordner/Berlin_Teufelssee_bei_Bergholz_Seite.html

http://tinyurl.com/6ds69hf

mit der Legende, in der gar kein Schatz vorkommt und die wohl die "Richtige" ist

Hände waschende Frösche, Quak!, wo gibts denn sowas!